Was machst du mit dem Rest deines Lebens? Gruppenausstellung der Ostkreuzschule
Die Gruppenausstellung „What Are You Doing With The Rest Of Your Life?“ präsentiert Arbeiten aus der neuesten Seminarklasse der Ostkreuzschule von Anne Schönharting. Unter der Leitung der erfahrenen Ostkreuz-Fotografin Schönharting setzten sich die Teilnehmenden des einjährigen Seminars intensiv mit individuell gewählten Themen auseinander – inspiriert durch Einflüsse aus Kunst, Literatur, Philosophie und Soziologie. Ziel war es, durch gründliche Recherche, Perspektivwechsel und dialogische Bildbesprechungen eine neue Serie zu entwickeln oder ein bereits begonnenes Projekt zu vollenden. „Ein zentrales Element des Seminars war es, die Begeisterung für ein Thema zu wecken und ‚das Denken in Bildern‘ lebendig zu halten. Dies geschieht durch die Erfahrung, aktiv und langfristig an einem Thema zu arbeiten“, erklärt die Fotografin. „Das Kreisen um eine Idee, das Durchdringen, Durcharbeiten und Wechseln von Perspektiven, wurde in Bildbesprechungen sowie in Einzel- und Gruppengesprächen geübt.“
Im Zentrum stand dabei immer wieder die Frage, inwieweit fotografische Bilder nicht nur die äußere Welt abbilden, sondern auch von der eigenen Sichtweise erzählen. Die Ergebnisse der intensiven Arbeit der Seminarklasse werden nun unter dem Titel „What Are You Doing With The Rest Of Your Life?“ präsentiert.








Florian Bolk: Amateurfußball (Amateur Football)
Neben dem Profisport wird in Berlin durch den Berliner Fußball-Verband Fußball für Amateurfußballer:innen organisiert. Tausende Fußballer:innen fahren jede Woche zu ihren Austragungssportstätten und spielen, nach Altersklassen und in Ligen sortiert, gegeneinander. In den allermeisten Fällen ohne Publikum, Applaus oder mediale Aufmerksamkeit. Die Mannschaften sind eine Zweckgemeinschaft, ein heterogenes Gebilde bei dem in der Regel Männer und Frauen unter sich bleiben. Viele der Fußballer:innen spielen Jahrzehnte zusammen, eine Pseudofamilie, mit eigener Kommunikation und Intimität. Da die Spiele der Amateure den Profimannschaften Platz machen müssen, findet ein Großteil der Begegnungen nachts unter Flutlicht statt. Ziel der Serie ist ein Blick hinter die Kulissen dieser verschworenen Gemeinschaft und eine Bestandsaufnahme des Teams des Fotografen Florian Bolk. Er spielt in der Mannschaft des SCC, davor in der Uni-Liga Mannschaft Perels United, insgesamt seit 27 Jahren.
Stefan Fröhlich: Idee Und Werk (Idea And Creation)
Wie entstehen Kunstwerke? Diese Serie begleitet Künstler und Künstlerinnen bei der Arbeit und dokumentiert ihren kreativen Prozess. Portraits und Werkaufnahmen zeigen die Künstler im kreativen Fluss und geben Einblicke in die Entstehung ihrer Werke – von der ersten Inspiration bis zur finalen Ausführung.
Jannes Jaeger: we’re floating in space
Die Fotoserie ist aus einem fortlaufenden fotografischen Tagebuch hervorgegangen. Das Projekt archiviert alltägliche Beobachtungen, Ausschnitte, flüchtige Begegnungen wie langjährige Freundschaften. Gleichzeitig werden Wirklichkeiten und Erwartungen hinterfragt: Where do we go now but nowhere?
Sibylle Kölmel: „Halt mich auf dem Laufenden“
Im April 2024 ist mein Vater nach einer längeren Erkrankung verstorben – am Ende dann für mich doch sehr plötzlich. In den letzten Wochen vor seinem Tod haben wir uns nach längerer Distanz wieder angenähert. In der kurzen Zeit, die uns blieb, haben wir fast täglich telefoniert und viel über Fotografie gesprochen. Während dieser Gespräche hat er mir die Grundkenntnisse der analogen Fotografie vermittelt, mir all seine Kameras und seine Dunkelkammer vererbt – und mich bestärkt, unbedingt weiterzumachen. Tod, Vergänglichkeit und das eigene Älterwerden beschäftigen mich seit dem Verlust beider Eltern sehr. Seit einem Jahr arbeite ich an einer Serie, die ältere Menschen in ihrem Wohnumfeld zeigt. Der Titel des Projekts, Halt mich auf dem Laufenden, ist ein Satz, den mein Vater oft gesagt hat. Er berührt mich jedes Mal, wenn ich ihn höre – weil er so leicht gesagt und zugleich so ungemein verbindlich ist, im besten Sinne.
Benjamin Meinberg: Im freien Fall – Fotografien aus Tripoli, Libanon
Die Ausstellung zeigt Fotografien, die im Juli 2024 entlang der Corniche, dem lebhaften Stadtstrand von Tripoli, Libanon, aufgenommen wurden. Die Bilder fangen das Leben in der zweiten größten Stadt des Landes ein, die zwischen der Weite des Mittelmeers und den Herausforderungen einer von Krisen geprägten Zeit ihren Platz sucht. Dabei entfaltet sich das Porträt einer Stadt, das von der Schönheit des Sommers in einer von Krisen und Unsicherheit geprägten Gegenwart erzählt.
Andy Plötz: befinden.
Die Orte, an denen wir groß geworden sind, sind unweigerlich mit uns, unseren Leben, unseren individuellen biografischen Erzählungen verknüpft. Sie erinnern uns, wer wir damals waren und in gewisser Weise auch, wer wir heute sind. Andy Plötz lebt seit 20 Jahren in Leipzig und geht zurück an den Ort, an dem er aufgewachsen ist, eine kleine Gemeinde im Süden Sachsen Anhalts. Die Arbeit versteht sich als persönliche Spurensuche, als biografische Reflexion über Herkunft, Verbundenheit und Distanz. Die vorliegende Serie gibt einen Einblick in diesen Prozess und die so entstandene Materialsammlung. Sie widmet sich speziell dem Gefühl der Entfremdung. Die Bilder sind zwischen März und Dezember 2024 entstanden.
Suzanne Reichenbach: Contours
Diese Serie analoger Fotografien erkundet die Verbindungen zwischen Natur und weiblichen Körpern. Sie lädt dazu ein, den Blick sowohl auf Bilder der Natur und des Alltags als auch auf Frauenkörper zu richten, ohne sie zu sexualisieren oder zu objektifizieren. Haut, Licht, Texturen, Schatten und Transparenzen zeichnen eine gemeinsame Poesie von Frauen und Natur und erzählen von ihrer Universalität.
Lisa Schulz: Relicts Of Presence
Die Serie beschäftigt sich mit der Poesie der Zeit und lässt Vergänglichkeit und Beständigkeit assoziativ aufeinandertreffen. Aus Fotografien werden Fundstücke, die das Jetzt aufbewahren und von der heutigen Welt erzählen.
Annett Stenzel: LINES OF HISTORY
Die Kongresshalle in Nürnberg blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. Geplant 1934 unter den Nazis, wurde sie um 1945 als Lagerort für Raumfahrt und Luftfahrt genutzt, dann ab 1972 als Lager für den Quelle Versand, als Trainingsgelände einer rechtsextremen Wehrsportgruppe (1980), als Theater-Spielort (2008), als Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände und schließlich als Kunststätte „White Cube Kongesshalle“. Die Künstlerin Annett Stenzel zeichnet die Geschichte dieses Ortes in ihrer neuen Heimatstadt Nürnberg anhand von Fotografien nach.
Alle Arbeiten der Gruppenausstellung wurden in den p: berlin laboratories in Berlin-Schöneweide gedruckt.